Das Casa Marcello – Seit 1984 für euch da
Vorwort
Das Casa Marcello: Ein Lokal, von den meisten
gemieden und doch von vielen geliebt. Der
sogenannten «Drögeler-Beiz» gehen viele aus dem
Weg, ohne überhaupt zu wissen, was das Lokal an
der Aarbergergasse für ein Ort ist und wie es zu dem
wurde, was es heute ist.
Wir möchten euch das berühmt-berüchtigte Berner Lokal näherbringen.
Nebst Hintergrundinformationen zur Geschichte
des Casa Marcellos kommen sowhol Pächter Roland
Staudenmann wie auch Kellnerin Doris Walther zu
Wort*.
*Die vollständigen Zitate und Illustrationen können unserer Broschüre entnommen werden
Bitte sprecht unser Team auf die Broschüre an.
Ein sachlicher Blick
Das Casa Marcello wurde im Jahr 1981 von Peter Michel gegründet.
Peter Michel mietete das Lokal zusammen mit seiner Frau Und weiteren Partnern vom damaligen Hausbesitzer Marcel.
Ihm zu Ehren nannten sie das Lokal „Casa Marcello“ und so heisst es bis heute.
Peter Michel gründete das Casa Marcello als Schwulen-und Lelbenbeiz.
Auf diese Idee brachten ihn einige homosexuelle Mitarbeitenden des Lokals, welches er vor dem Casa Marcello führte. Da Homosexualität zu dieser Zeit noch kaum offen toleriert wurde, war das Casa Marcello ein Rückzugsort für die schwulen und lesbischen Menschen in Bern.
Jedoch sind mit der Zeit immer mehr Bauarbeitende nach dem Feierabend ins Casa Marcello eingekehrt, um ein oder zwei Bier zu trinken.
So hatten im Laufe der Zeit immer mehr Bauarbeitende einen Stammtisch im Casa Marcello und das Lokal wurde von der Schwulen- und Lesbenbeiz einfach zum Casa Marcello, in welchem alle willkommen sind.
Nach 35 Jahren beendete Peter Michel seine Arbeit im Casa Marcello und die heutigen Pächter, Roland Staudenmann und Dominic Schmid, übernahmen das Lokal und führen es nun seit sieben Jahren.
Nichts im Casa Marcello wurde verändert und auch das Personal wurde nicht ausgetauscht.
Optisch hat sich das Casa Marcello in den 42 Jahren seiner Existenz tatsächlich bis heute nicht verändert.
Auch, dass das Casa Marcello eine sehr soziale Beiz ist, änderte sich nicht.
Das „Grundprinzip“ vom Casa Marcello ist, dass jeder und jede bedient wird, günstig und sozial, solange die Gäste anständig sind.
Es ist vermutlich nicht möglich in einem anderen Restaurant in Bern günstiger zu essen als hier.
Für viele Gäste ist das Casa Marcello ein „Wohnzimmer“ – sie kommen am Morgen um 10:00 Uhr, wenn es öffnet und bleiben bis am Abend um 23.00 Uhr, wenn es schliesst.
Was sich verändert hat, ist die Küche.
Mit Roland Staudenmann wurde die Küche sehr gut und qualitativ besser.
Die Speisekarte wurde erweitert und es werden nun Tagesmenus angeboten, was es früher nicht gab.
Allerdings wurde das Spezialmenu am Sonntag teurer.
Nach 30 Jahren mussten Roland Staudenmann und Dominic Schmid den Preis von CHF 5.00 auf CHF 8.00 erhöhen, um die Kosten zu decken.
Das bekannte Sonntagsmenu hat aber immer noch Zuspruch.
„Die Menschen wollen das“, sagt Roland Staudenmann.
Während man in anderen Restaurants nur um eine bestimmte Uhrzeit etwas zu essen bekommt, kann man im Casa Marcello quasi rund um die Uhr etwas Warmes bestellen.
Ein Blick von aussen
Von vielen Menschen wird das Casa Marcello und allgemein die Aarbergergasse, die bekannt ist als Ort, wo es zu späterer Stunde schon mal zu einer Schlägerei kommen kann, zwielichtige Gestalten verkehren und „diffuse“ Geschäfte gemacht werden, gemieden.
Unter diesem Image der Gasse leidet auch das Casa Marcello, oder das „Casa“, wie das Lokal umgangssprachlich genannt wird.
Für einige ist es sogar nur die „Drögeler-Beiz“.
Angesprochen auf diese Problematik, antwortet Roland Staudenmann: „Drogen gibt es in jeder Beiz.
Es ist ein Irrwitz, dass man hier auf diese Menschen Jagd macht.
Ich habe andere Lokale geführt, gehobener Klasse, und da haben alle Drogen konsumiert.
Da hat aber nie jemand hingeschaut und die Polizei erst recht nicht.“
Auch die Kellnerin Doris Walther findet es etwas übertrieben, wie oft die Polizei im Casa auftaucht.
Gestern Abend seien sie zum Beispiel drei Mal da gewesen. Es kämen auch nicht immer die gleichen, weil sie sich nicht absprächen.
Auch ein ehemaliger Staatsanwalt bestätigt dieses Klischee.
Er meint, dass die Polizei einen Flüchtenden aus einer Entzugsklinik als Erstes im Casa suche.
Sowohl die Drogenkonsumierenden wie auch die Polizei wüssten, dass das Casa der 0rt sei, an welchem man immer etwas Stoff bekomme.
Ein offener Drogenkonsum gibt es zwar nicht im Casa, aber die täglichen Polizeikontrollen kann man sich trotzdem nicht wegdenken.
Davon etwas genervt erzählt Roland Staudenmann: „Für mich ist es langsam ein Cabaret.
Ich schaue nur noch zu und mische mich nicht mehr ein. Die sollen machen, was sie wollen. Manchmal kommt die Polizei an einem Morgen, wenn es nur vier Menschen im Casa hat, fünf bis sechs Mal. Aber hier geht ja kein riesiger Kokaindeal über die Bühne.
Die Menschen, die hier sind, sind die untersten in der Kette.
Die, die nur den Dreck konsumieren.“
Ein Blick von innen
Die Stammgäste im Casa sind sowohl Männer wie auch Frauen im Alter zwischen 35 und 70 Jahren. Jede und jeder ist willkommen und jede und jeder soll es sich leisten können. In erster Linie ist das Casa Marcello ein Treffpunkt für alle. Aber wenn man sich hier nicht wohl fühle, müsse man auch nicht ins Casa gehen, meint Roland Staudenmann.
Was zeichnet das Casa Marcello neben den häufigen Auftritten der Polizei sonst noch aus
Roland Staudenmann antwortet ohne zu zögern: „Das Casa Marcello ist die letzte Beiz, welche es in Bern noch gibt. Sonst gibt es nur noch Schickimicki Pizza und Fast Food. Bei uns kann man einfach reinkommen, einen Kaffee trinken und eine Stunde oder auch zwei Stunden sitzen bleiben. „Dies könne man sonst nirgends mehr hier in der Stadt, man werde nur blöd angeschaut und müsse etwas nachbestellen und sonst gehen.“
Auch der Umstand, dass man zu jeder Zeit Essen bestellen kann, findet man kaum in anderen Restaurants. Im Casa ist der Koch Roland Staudenmann immer bereit, etwas für seine Gäste zuzubereiten. Sogar am Sonntag, denn die Türen des Casa Marcello sind immer geöffnet.
Laut Roland Staudenmann wird das Casa finanziell in keiner Art und Weise von der Stadt oder sonst jemandem unterstützt. Das Casa-Team sei beim Sicherstellen, dass es am Ende des Tages aufgehe, völlig auf sich selbst gestellt.
So war es für die ‚Beiz an der Aarbergergasse‘ nicht einfach, sich während der Pandemie über Wasser zu halten: „Die Reithalle und andere Institutionen erhielten Subventionen von der Stadt und wir bekamen nichts!“ erzählt Roland Staudenmann genervt, und doch lachend.
In der Zeit von Corona mussten bekanntlich alle Restaurants schliessen. Das Casa wollte gratis Essen anbieten. „Einfach etwas Einfaches.“
Roland Staudenmann bat die Stadt um Unterstützung. Vergeblich, die Stadt lehnte ab und erachtete es auch als unnötig, dass ein Lokal kostenlos Essen anbot.
Nach einer kurzen Verschnaufpause fügt er an: „Wir haben es dann doch gemacht und es gab Schlangen von 60 bis 70 Menschen.“
Das hat natürlich wiederum die Polizei auf den Platz gerufen. Nachdem sichergestellt worden war, dass der Sicherheitsabstand eingehalten wird, liess sie das Casa dann aber in Ruhe.
Roland Staudenmann und sein Team waren weiterhin auf der Suche nach finanzieller Unterstützung. „Wir fragten bei der Glückskette, dem Roten Kreuz und so weiter nach; niemand wollte uns unterstützen. „Zuletzt wendete sich das Casa sogar an die Heilsarmee.
Und siehe da: „die hat sofort zugesagt und sich mit CHF 5.00 pro Menu beteiligt. „Dann kam die zweite Coronawelle im Winter. Die Stadt habe angerufen, um zu fragen, ob sie wieder gratis Essen anbieten wollen würden, berichtet Staudenmann. „Zahlen wollten sie aber immer noch nichts. „Diesmal wollte das Casa kein Risiko eingehen und hat das Lokal für einmal wirklich geschlossen.
Wie lässt sich das Casa Marcello in drei Worten beschreiben? „Sozial, urchig und vielseitig“, so die Kellnerin Doris Walther. Im „Sasa“ gehe man auf die Menschen ein. Als Beispiel erzählt sie: «Wenn ein Gast ein Mineralwasser mit etwas Grenadine-Sirup möchte, dann bekommt er dieses bisschen Grenadine-Sirup.“
Das Casa lebt hauptsächlich von Stammkunden, welche nach dem Feierabend kommen oder nicht wissen, wo sie allein hingehen sollen.
„Das Casa Marcello ist für mich einer Beiz, wie es sonst keine gibt in Bern“, sagt Doris Walther. „Ich könnte nicht in einer anderen Beiz servieren.“
Im Casa kann die Musik einfach mal etwas lauter aufgedreht und spontan Party gemacht werden. Sogar der Hund darf auch mal auf die Bank sitzen, ohne dass jemand was dagegen sagt. Hier könne man einfach sein, wie man sei. Hier sei immer etwas los, so die langjährige Kellnerin.
Und: „Es ist immer jemand da, der sich deine Geschichte anhört. Wir nehmen Teil am Leben unserer Gäste, sie aber auch an unserem.“